Du musst gar nichts

26/01/2017

So regelmäßig es in meinem Leben möglich ist, findet man mich auf der Yogmatte. Ein Stillkind und ein Trotzkind helfen nicht unbedingt in Sachen hohe Frequenz, aber das wussten wir ja schon vorher.

Yoga heißt meine Matte und ich. Und sonst nichts. Kein Lieblingskind, das an mir zieht, kein Lieblingskind, dessen Nase ich putzen/Hintern auswischen/Buch vorlesen/stillen oder am besten alles gleichzeitig ich darf. Und das ist auch echt mal sehr ok.

Meine Matte und ich?

So ganz stimmt das leider nicht. Da sind nämlich auch noch meine Gedanken. Die rattern und rattern und rattern. Und das vorzugsweise dann, wenn es ganz still um mich wird. Dann wird es in meinem Kopf immer lauter und noch lauter. Da diskutiere ich mit mir und noch öfter gegen mich.

Früher war alles besser.

Früher hatte ich Zeit regelmäßig zu meditieren. Den Gedankenmüll auszumisten. Da war es wesentlich ruhiger. Heute bin ich stolz, wenn ich auf der Yogamatte stehe. Denn momentan nimmt kaum jemand beide Lieblingskinder gleichzeitig. Eines ja. Aber gleich beide?

Manchmal, wenn ich so auf der Yogamatte stehe, frage ich mich, wie es wohl wäre, wenn alle im Yogaraum ihr Gedankenkarussel laut aussprächen. Denken die anderen auch so viel oder bin ich die einzige? Wäre dann plötzlich ein lautes Stimmengewirr im Raum zu hören? Oder wäre da nur meine Stimme?

Waaaas?

Kürzlich war ich in einer geführten Einheit. Soll heißen, da steht der/die YogalehrerIn vorne und sagt die Asanas an.

Mir sind ja die freien Übungseinheiten, Mysore genannt, lieber. Da kommt und geht man, wann man will und macht so lange, wie die Lieblingstochter sich nicht die Seele aus dem Leib schreit vor Hunger oder die Lieblingskindbetreuung w.o. gibt (auch der bester aller Männer stößt momentan recht schnell an seine Grenzen).

Geführte Einheiten, also Kurse, haben fixe Beginnzeiten. Und wer mit Lieblingskleinkindern je versucht hat irgendwo pünktlich zu sein, weiß, dass das ganz leicht in Stress ausarten kann. Deshalb versuche ich auch Termine, die auf Pünktlichkeit ausgerichtet sind, in dieser Lebensphase zu vermeiden.

Ich stand also in diesem Kurs. Wenn ein Asana nach dem anderen diktiert wird, wird’s wenigstens im eigenen Kopf nicht so laut. Hat auch was.

Dann kamen die Schlusspositionen.

Brücke – Kerze – Kopfstand

„Wer nicht mehr kann oder nicht mehr mag, der geht einfach in die Stellung des Kindes und entspannt sich.“

Der Satz hat gesessen.

Wer nicht mehr mag?

Was heißt denn das bitte?

Die Frage, ob ich nicht mehr mag, die gibt es nicht in meinem Alltag. Mag ich bei der Lieblingstochter x Windeln pro Tag wechseln? Mag ich den Lieblingssohn, der mittlerweile Windeln verweigert, komplett säubern, weil er vergessen hat, dass er Gacki muss (und danach auch noch seine Kleidung, Prost Mahlzeit)? Mag ich kochen-putzen-waschen und das jeden Tag immer und immer wieder? Mag ich wöchentlich zu vier Ärzten gehen und gefühlte Ewigkeiten in Wartezimmern absitzen (es sind wirklich so viele momentan, die Lieblingskinder schnappen sich jeden noch so kleinen Keim)?

Den lieben langen Tag mache ich so viele Dinge, die ich eigentlich gar nicht mag. Oder zumindest nicht in dieser Häufigkeit. Und ich frage mich nicht, ob ich diese Dinge mag, weil es so ist, wie es ist.

Ich funktioniere.

Und wenn ich dann mal Zeit, Raum und Ruhe für mich habe, dann wird es laut in meinem Kopf.

„Wer nicht mehr mag, der entspannt sich.“ Der Satz hatte wirklich gesessen. Ich fing an zu überlegen. Was mag ich eigentlich? Und da wusste ich es.

Ich wollte Entspannung. Ich wollte nichts erreichen, nichts erledigen, nichts schaffen, ich wollte sein. Und Punkt.

Brücke – Kerze – Kopfstand leben total gut auch ohne mich. Und mein Körper lebt total gut, wenn er das mal nicht mitmacht.

Aber ich, ich hatte einen Moment des puren Luxus. Ich hatte den Raum mich selbst zu fragen, was ich eigentlich mag. Und ich hatte den Raum mal nicht perfekt zu funktionieren. Sondern einfach nur zu sein. Nichts zu erreichen, nichts von mir zu wollen, sondern einfach nur zu sein.

Ich gehe wirklich gern in Yoga. Nicht weil ich meinen Körper bewege. Nicht weil ich dort eine Möglichkeit zu meditieren finde. Nicht weil ich dort Raum für Selbstreflexion habe. Nicht weil sich der Körper so herrlich anfühlt danach. Sondern weil sich auf der Yogamatte eine Welt öffnet, zu der ich im lauten, hektischen Alltag mit zwei Lieblingskindern wenig Zugang finde.

Die innere Weisheit

Hört sich geschwollen an? Mag sein. Aber so fühlt es sich an. Yoga ist mein Ort der Ruhe und der Kraft. Mein Ort, wo ich Zugang zu meiner inneren Weisheit finde.

Das braucht jeder

Und erst recht jede Mutter. Die Tage sind zu lang und zu kurz zugleich. Meist beginnen sie zu früh und am Abend fällt frau erschöpft ins Bett. Und ist wieder nicht mir allen Erledigungen fertig geworden. Und diesen Raum, diesen Ort der Ruhe und der Kraft, den braucht es. Den braucht es regelmäßig. Jedenfalls jede Woche. Damit sich die Batterien immer wieder anfüllen und wir immer wieder Zugang zu uns selbst finden.

 

Alles Liebe,

 

Deine Elisabeth

 

ps was ist Dein Ort der Ruhe und der Kraft? Schreib gleich hier unter diesem Artikel, ich bin neugierig! Erzähl uns, was Du so machst, um Deine Batterien aufzufüllen!

 

 

 

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